Digitale Barrierefreiheit gewinnt für Unternehmen immer mehr an Bedeutung, da der Zugriff auf Informationen primär über den digitalen Weg läuft, insbesondere das Smartphone. Trotz der omnipräsenten Nutzung des Internets sehen sich einige Nutzerinnen und Nutzer aufgrund körperlicher oder
geistiger Einschränkungen mit Barrieren konfrontiert, die den Zugang zu digitalen Dienstleistungen und Produkten beeinträchtigen. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung ist es daher wichtig sicherzustellen, dass der Zugang zu digitalen Anwendungen ohne Einschränkungen gewährleistest wird und Chancengleichheit herrscht.Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wurde am 15.06.2022 verabschiedet, um digitale Barrieren abzubauen und Unternehmen zu verpflichten, ihre digitalen Plattformen und Angebote allen Nutzerinnen und Nutzern zugänglich zu machen. Dieses Gesetz geht über die bloße Einhaltung rechtlicher Vorgaben hinaus und betont die soziale Verantwortung von Unternehmen in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft.
Definition und Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit
Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass digitale Angebote so gestaltet werden müssen, dass sie von allen Menschen genutzt werden können. Gemäß dem BFSG ist dies unter §3 Absatz 1 Satz definiert. Demnach sind Produkte und Dienstleistungen barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind (BFSG, 2024).
Quelle: eigene Illustration, basierend auf Beratungsstelle Barrierefreiheit, n.d.
Die gezeigte Grafik verdeutlicht, dass nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch ältere Personen oder solche, die temporär oder situativ eingeschränkt sind, von digitaler Barrierefreiheit profitieren. In Deutschland sind etwa 10% der Bevölkerung auf digitale Barrierefreiheit angewiesen (Beratungsstelle Barrierefreiheit, n.d.).
Mit dem BFSG wurde die europäische Barrierefreiheitsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen) in das deutsche Rechtssystem übersetzt. Es verpflichtet Unternehmen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten. Welche Produkte und Dienstleistungen betroffen sind, wird im BFSG unter §1 Absatz 2 und 3 aufgeführt (BMAS, n.d.).
Quelle: eigene Illustration, basierend auf BFSG, 2024
Das bedeutet, dass alle Hersteller, Importeure, Händler und Dienstleistungserbringer, dessen Produkt oder Dienstleistung vom Anwendungsbereich im BFSG erfasst sind, die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen müssen. Für Kleinstunternehmen (weniger als 10 Personen beschäftigt und/oder Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro oder Jahresbilanzsumme auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft) sind vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen (BMAS, n.d.). Am 28. Juni 2025 tritt das BFSG in Deutschland in Kraft (BFSG, 2024).
Umsetzung durch WCAG-Standards
Die Umsetzung der Barrierefreiheit basiert auf den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) des World Wide Web Consortiums (W3C), die internationale Standards für die barrierefreie Gestaltung von Webinhalten festlegen (W3C, n.d.). Diese Richtlinien umfassen vier Prinzipen, 13 Richtlinien und 86 Erfolgskriterien.
- Konformitätsstufe A (31 Erfolgskriterien)
- Konformitätsstufe AA (mit weiteren 24 Erfolgskriterien)
- Konformitätsstufe AAA (alle 86 Erfolgskriterien)
Die Mindestanforderung für die digitale Barrierefreiheit ist die Konformitätsstufe AA, was 55 Erfolgskriterien entspricht. Die vier Prinzipen – Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit – sind entscheidend für die digitale Barrierefreiheit. Wahrnehmbarkeit gewährleistet, dass die Informationen auf der Benutzeroberfläche für alle zugänglich sind. Bedienbarkeit ermöglicht es allen Nutzerinnen und Nutzern, die Website mühelos zu navigieren und mit den Elementen zu interagieren. Verständlichkeit stellt sicher, dass sowohl die Informationen als auch die Bedienung für jeden verständlich sind. Robustheit gewährleistet die Stabilität der Inhalte und ihre Interpretation durch eine Vielzahl von Benutzer-Agenten, einschließlich assistiver Technologien (Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.2, 2023).
Sanktionen und Potenziale der Barrierefreiheit
Nichteinhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen kann zur Einstellung von Produkten oder Dienstleistungen führen (allerdings erst nach zweimaliger Nichteinhaltung der Anforderungen) und mit Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro geahndet werden (BFSG, 2024). Potenzielle Sammelklagen bergen ein finanzielles Verlustrisiko und gefährden die Reputation von Unternehmen.
Unternehmen sollten jedoch auch die Potenziale der Barrierefreiheit berücksichtigen, das Unternehmen dadurch neue Kundensegmente erschließen können und die Wahrnehmung des Unternehmens als solche gestärkt wird. Die Umsetzung von Barrierefreiheit und Inklusion in digitalen Angeboten trägt zur Suchmaschinenoptimierung bei und führt zu einer positiven gesellschaftlichen Wahrnehmung der Unternehmen.
Wie ARKADIA bei der Umsetzung unterstützt
Die Einführung von Barrierefreiheit in einem Unternehmen kann komplex sein. ARKADIA kann ihr Unternehmen in folgenden Bereichen unterstützen:
- Bestandsaufnahme: Analyse des Ist-Zustands der vorhandenen digitalen Touchpoints auf Barrierefreiheit
- Erstellung eines Maßnahmenplan: Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit
- Schulung von Mitarbeitern: Durchführung von Workshops und Trainings
- Kontinuierliche Verbesserung: Etablierung eines Prozesses zur regelmäßigen Überprüfung und Optimierung der Barrierefreiheit
Fazit
Digitale Barrierefreiheit ist ein unverzichtbares Thema für Unternehmen, insbesondere vor dem Hintergrund des bevorstehenden Inkrafttretens des BFSG im Juni 2025. Unternehmen, die ihre digitalen Touchpoints barrierefrei gestalten, profitieren von zahlreichen Vorteilen.
- Erfüllung der Anforderungen des BFSG
- Erweitern der Kundensegmente
- Stärkung der sozialen Verantwortung
- Vermeidung von Strafzahlungen
Barrierefreie digitale Touchpoints sind nicht nur ein Gebot der Fairness, sondern auch ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines Unternehmens. Mit der Unterstützung von ARKADIA kann ihr Unternehmen die Barrierefreiheit effizient und effektiv umsetzen.
Quellen:
Beratungsstelle Barrierefreiheit. (n.d.). Warum profitieren alle von digitaler Barrierefreiheit? https://www.beratungsstelle-barrierefreiheit.de/aktuelles/blog/post/beitrag/warum-profitieren-alle-von-digitaler-barrierefreiheit.html
BFSG. (2024, March 26). BFSG (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz). https://bfsg-gesetz.de/
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). (n.d). Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Leitlinien für die Anwendung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes. Bundesfachstelle Barrierefreiheit. https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/SharedDocs/Downloads/DE/Externe-Veroeffentlichungen/bmas-leitlinien-bfsg.html
Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.2. (2023, October 5). https://www.w3.org/TR/WCAG22/
W3C. (n.d.). W3C. https://www.w3.org/
Noëlle Krämer
Bei ARKADIA seit 2022
ITIL V4, PSM I, PSPO I, PRINCE2